Sinngedichte, Friedrich von Logau (1604-1655)

Demuth

Ein hoher starcker Baum muß von dem Winde liegen:
Ein niederträchtig Strauch / der bleibet stehn durch biegen.


Amt der Obrigkeit

Weil Obrigkeiten seugen sollen;
wie kümts denn / daß sie saugen wollen ?


Gemässigte Strafen

Strafe soll seyn wie Salat:
Die mehr Oel als Essig hat.


Geitzhals.
Den Geitzhals und ein fettes Schwein
Schaut man im Tod erst nützlich seyn.


Geduld.

Leichter träget was er träget /
Wer Geduld zur Bürde leget.


Lob-Sucht.

Der um Lobes willen thut
Das was löblich ist und gut /
Thut ihm selbsten was er thut
Thut es nicht / dieweil es gut.


Wolthat.
Die Wolthat übel angewand
Wird Übelthat gar wol genant.


Die beste Artzney.

Freude / Mäßigkeit und Ruh
Schleust dem Artzt die Thüre zu.


Nicht zu mutig / nicht zu furchtsam.

Noch frech wagen / Noch weich zagen
Hat jemals gar viel Nutz getragen
Wol bedacht / Frisch verbracht /
Hat offt gewonnen Spiel gemacht.


Geitziger Reichthum.

Wer Geld nicht braucht / doch hat / warum dann hat er Geld ?
Drum / daß er etwas hat das ihn in Marter hält.


Die einfältige Redlichkeit.

Andre mögen schlau und witzig /
Ich will lieber redlich heissen /
Kan ich / wil ich mich befleissen /
Mehr auff glimpfflich als auff spitzig.


Der Daumen.

Wann der Daume wird zunichten /
Kan die Hand nicht viel verrichten:
Wann man schwächt den Wirthschaffts-stand
Da besteht nicht lang ein Land.


Tisch-Freundschafft.

Vermeinstu wohl der ein treues Hertze sey
Den Dir zum Freunde macht dein offte Gasterey ?
Dein Austern liebt er nur / dein Wildbrät / gar nicht dich;
Auch mein Freund würd er bald / wann so wie du / lebt ich.


Ehrgeitz.

Der Ehren heisse Sucht verlescht uns durch entzünden /
Erleuchtet uns offt so / daß wir dadurch verschwinden.


Heutige Welt-Kunst.

Anders seyn / und anders scheinen:
Anders reden / anders meinen:
Alles loben / alles tragen /
Allen heucheln / stets behagen /
Allem Winde Segel geben:
Bös- und Guten dienstbar leben:
Alles Thun und alles Tichten
bloß auf eignen Nutzen richten;
Wer sich dessen wil befleissen
Kan Politisch heuer heissen.


Trunkenheit.

Es saufft sich voll für sich kein unvernünfftig Thier;
O hätten sie Vernunft / sie trüncken auch wie wir.


Verstand.

Es geht für Kunst Verstand
Weil dieser jen erfand;
Wer nicht versteht ihr Ziel
Den hilfft die Kunst nicht viel.


Die Gesetze.

Die nützen Gesetze
Sind künstliche Netze /
Drauß grosses entgangen /
Dran kleines bleibt hangen.


Wahr und Recht.

Weil nicht durch steten Brauch sich leichtlich abereiben
Die Wahrhet und das Recht / so werden sie wol bleiben.


Herrschen / versetzt / Schehren.

Grosse Herren / die da herrschen / mögen schehren nur nicht schinden:
Hirten nehmen so die Wolle / daß sie Wolle wieder finden.


Reformation.

Immer dünckt mich / der nichts hat / der mag glauben was er wil /
Denn um seine Seligkeit müht sich keiner leichtlich viel.


Ansehn.
Klug / an Hirne;
Schön / an Stirne /
Bringt den Mann
Hoch hinan.


Urthel auff Klage.

Wann die Klage wird zum Urthel /
Hat die Unschuld mehr kein Vorthel.


Dankbarkeit.
Rechter Danck
Wird nicht kranck /
Pflegt im dancken
Nie zu wancken.


Menschliche Thorheit
Wann keine Thorheit mehr wird seyn /
So wird die Menschheit gehen ein.


Bescheidenheit.
Wodurch wird Würd und Glück erhalten lange Zeit ?
Ich meine durch nichts mehr / als durch Bescheidenheit.


Traw / schaw wem !

Traw / schaw weme ! Gotte traw;
In der Welt hingegen / schaw.


Zustand.

Wer hoch gestiegen ist / wil immer höher steigen /
Wer niedrig stehet an / wil tieffer sich nicht neigen;
Ein jeder wil hinauff und hasset seinen Stand
Begehret immer das / was ihm doch nicht bekannt.


Redlichkeit.

Wer die Redlichkeit wil freyen / mag sich kühnlich lassen ein;
Leichtlich / dann sie ist verächtlich / wird er wohl kein Hahnrey seyn.


Quelle: Friedrich von Logau (1604 – 1655), Wikipedia) 
schlesischer Barocklyriker, Sinngedichte Reclam-Verlag
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